Auszug aus dem Buch Verkannte Genies von Ludwig Koneberg und Silke Gramer-Rottler:
Man geht davon aus, dass bei den meisten Menschen die Mehrzahl der kognitiven Aufgaben – wie Sprache, Zahlenverständnis, Wahrnehmung usw. – hoch spezialisiert ist und getrennt voneinander in verschiedenen Gehirnregionen ausgeführt wird.
Auch liegt das Sprachgehirn in der Regel der Schreibhand schräg gegenüber. (zum Beispiel linke Gehirnhälfte – rechte Hand).
Bei den Mischformern dagegen befinden sich Sprachgehirn und Schreibhand auf der gleichen Seite. Häufig sind bei ihnen auch die oben genannten Spezialisierungen nicht eindeutig getrennt. Dies führt zu einer Zunahme der zu verarbeitenden Datenmenge und damit zu einer höheren Streßanfälligkeit. Kurz gesagt: in der Regel hochbegabt, aber stressanfällig.
Stressanfällig bedeutet hier, dass sich durch instabile Spezialisierungen im Gehirn bestimmte Gehirnregionen leicht „ins Gehege kommen“. Gerade durch Störungen von außen wie zum Beispiel Zeitdruck, Lärm, Ablenkungen, Ungeduld usw. kann die Konzentrationsfähigkeit verloren gehen. Man hat dann alle Hände voll zu tun, um bei der Sache bleiben zu können. Mischformkinder sind besonders häufig von diesem Problem betroffen.
Diese Kinder sind kreativ, neugierig, und alles ist für sie gleich wichtig: die Spinne, die gerade ihr Netz spinnt, hat gleich hohe Bedeutung wie die Mathematikaufgabe, die gerade zu lösen ist. Informationen, die auf Mischformkinder einströmen, ordnen sie nicht nach Prioritäten. Dadurch sind sie schnell einer Reizüberflutung ausgesetzt.
Doch sie leben in einer Kultur, die eine andere Art und Weise des Denkens präferiert. In unserem Alltag muss alles begründet werden, man fragt nach der Logik, es werden Ursachen gesucht und Prioritäten gesetzt. Es heißt: „sei kreativ und fantasievoll, aber logisch!“
Den Kindern, die wir in diesem Buch beschreiben, ist diese Vorgehensweise fremd. Sie verstehen nicht, warum so kompliziert gedacht wird. Da sie aber eine Minderheit sind (nach unseren Erfahrungen sind es ca. acht bis zehn Prozent der Bevölkerung), ziehen diese Kinder bald den Schluss: „Ich bin nicht okay.“
Wenn wir diese Kinder fördern wollen, wenn wir verhindern wollen, dass sie als Jugendliche in unserer Gesellschaft scheitern, müssen wir uns mit ihrer Art zu denken näher beschäftigen. Die Evolutionspädagogik macht und die wunderbare und fantastische Denkweise dieser Kinder verständlicher.